

Nach einem geschäftlichen Termin betrete ich abgespannt das Haus. Im Flur kommt mir schon mit halb amüsierter, halb säuerlicher Miene mein Mann entgegen. „Geh mal ins Schlafzimmer! Guck es dir an, was unser Sohn gemacht hat!“, presst er im vorwurfsvollen Ton hervor. Irritiert öffne ich die Tür zum Schlafzimmer und da sehe ich auch schon, was los ist.
ALLE Schränke stehen offen und unser gesamtes Sexspielzeug liegt davor achtlos auf dem Boden verteilt. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder weinen soll. Ich muss erstmal tief durchatmen.
Unser Sohn (10 Jahre alt) war überall auf der Suche nach seinem Ladekabel gewesen, als keiner zu Hause war. Dabei stieß er auf unsere intime Schatzkammer. Dildos, Paddel, Handschellen, Öl, Federpuschel und vieles mehr war ihm in die Quere gekommen. Ich war erstmal geschockt. Mein Mann stand nun auch wieder hinter mir. „Was kramt der bei uns eigentlich rum?“- fragte er verärgert. „Bin ja mal gespannt, ob er das am Wochenende bei Oma erzählt!? Meinst du, der weiß schon, wozu man das Zeug benutzt?“ – Mein Mann hatte seinen zynischen Humor wiedergewonnen.
Wie reagiert man darauf, wenn das Kind das Sexspielzeug gefunden hat?
Im ersten Moment war ich sauer, dass unser Sohn unsere Intimsphäre missachtet hatte. Bis mir einfiel, dass wir ihm nie gesagt hatten, dass er nicht an unsere Schränke im Schlafzimmer darf. Woher hätte er wissen sollen, dass er sich in Küche und Wohnzimmer alles nehmen und öffnen darf, aber im Schlafzimmer andere Regeln herrschen. Dieses Defizit holte ich erstmal nach. Meinem Sohn war die ganze Sache ziemlich unangenehm, weil ihm nach seiner „Tat“ scheinbar bewusst geworden war, dass er offensichtlich etwas falsch gemacht hatte.
Das Schlafzimmer ist für mich eine intime Paarzone. Das heißt nicht, dass unser Sohn nicht auch mal kuscheln kommen darf. Aber eben nur, wenn wir ihn dazu „einladen“. Ich weiß, dass es auch Paare gibt, die ein Familienbett haben, wo sie zusammen mit ihren Kindern jede Nacht schlafen. Wie da Sexualität funktioniert, interessiert mich dringend. Schreib mir gerne, wenn das bei euch so ist!
Im Laufe der Zeit habe ich auch Frauen kennengelernt, die bewusst ihr Kind mit ins Ehebett nehmen, damit sie keinen Sex mit ihrem Mann haben müssen ohne ihm direkt „nein“ zu sagen. Das Kind wird dann als eine Art Schutzschild missbraucht. Auch wenn Kinder noch klein sind, nehmen sie die Gefühle deutlich wahr. Für mich ist deshalb wichtig, dass das Schlafzimmer nur uns gehört.
Die Abgrenzung zwischen dem, was zum Erwachsensein gehört und was für alle da ist, sollte deutlich markiert sein, auf welche Art ihr das tut, müsst ihr für euch festlegen.
Jeder sollte aus meiner Sicht Dinge haben, die er nicht teilen muss – Kinder und auch Erwachsene.



Meine Eltern wären sicher vor Scham im Boden versunken, dachte ich später. Und da traf es mich wie einem Hammer: Der gesunde Umgang mit Sexualität wurde uns nicht vorgelebt. Ähnlich wie auch die Streitkultur. Ich weiß nicht, wie es bei dir zu Hause war, aber meine Eltern haben weder gezeigt, wie man mit Konflikten richtig umgeht, noch das es Lust und Sexualität zwischen Erwachsenen gibt. Das sah ich heimlich höchstens bei Lilo Wanders bei Wahre Liebe.
In meinem Bekanntenkreis ist auch ein Paar mit zwei jugendlichen Kindern, wo der Mann offen nach Sex, auch vor den Kindern, bettelt und sie ihn zurückstößt. Und manchmal, wenn er sehr hartnäckig ist, lässt sie ihn auch mal „gewähren“. Was lernen die Kinder: Der Junge sieht, dass der Vater dafür betteln muss – dass also der Mann hilflos und unterwürfig ist und nur sein Bedürfnis erfüllt bekommt, wenn er die Frau förmlich bedrängt oder danach quengelt. Und das Mädchen? Sie könnte den Eindruck bekommen, dass Sex etwas Negatives ist, sonst würde die Mutter sich ja nicht so dagegen wehren. Und dass man ab und zu in den sauren Apfel beißen und dann Sex zulassen muss, damit der Partner Ruhe gibt. Vielleicht lernt sie aber auch, Sex als Druckmittel oder Machtinstrument gegen ihren späteren Partner einzusetzen. Wie werden sich die zwei Kinder später, wenn Sie selbst erwachsen sind, ihren Partnern gegenüber verhalten? Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber ich finde das wirklich bedenklich.
Was wollen wir als Elterngeneration unseren Kindern vorleben?
Das Sex schlecht, schmutzig und böse ist? Ich denke, man kann Sex mit Autofahren vergleichen. Kinder und Jugendliche wissen genau, dass das was für Erwachsene ist, was richtig Spaß machen kann, was aber auch Risiken birgt. Daher ist es erst erlaubt, wenn man reif genug dafür ist. Sie sehen, dass wir das Autofahren und das es normal zu unserem Leben dazugehört, auch wenn es für sie noch nicht bestimmt ist.
Wir haben es in der Hand, der nächsten Generation zu zeigen, dass es gut ist, seinen Bedürfnissen nachzugehen, dass Liebe, Sex und Nähe als fester Bestandteil zu unserem Leben dazugehören.
Deshalb finde ich nicht schlimm, dass mein Sohn unsere Sextoys gefunden hat, weil er dadurch merkt, dass es Dinge gibt, die einfach zum Leben dazugehören und dass es eine Grenze zwischen Kindern und Erwachsenen gibt.
Erst unsere Bewertung macht den Dildo zu etwas Unanständigem. Für Kinder ist es einfach nur ein komischer Gummipenis, über dessen Funktion sie sich keine Gedanken machen.
Hat dir mein Blog gefallen? Dann lass gerne einen Kommentar für mich da!
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