Freundschaft Plus ist keine Beziehungsform, die sich im Schatten der klassischen Monogamie verstecken muss. Immer mehr Menschen suchen nach alternativen Wegen, um Intimität und Freundschaft miteinander zu verknüpfen. Doch was steckt wirklich hinter diesem Konzept?

Als Beziehungs- und Sexcoach, spezialisiert auf Männer, habe ich oft beobachtet, dass Männer sich nach einer Trennung nicht sofort in eine neue feste Beziehung stürzen wollen. Vielleicht kennst du das Gefühl auch. Einst hattest du einen Lebensplan, der von der Suche nach der „richtigen Frau“ über das Gründen einer Familie bis hin zum gemeinsamen Grillen und Biertrinken im eigenen Garten reichte. Aber dann ist etwas schiefgegangen, und der Traum von der perfekten Beziehung zerbrach.

In der Folge ziehen sich Männer zurück, um die Trennung zu verarbeiten. Dann beginnt die Phase der Neuorientierung und des Datings. Besonders das Konzept des „Casual Datings“ wird reizvoll. Doch für viele, die lange Zeit in festen Beziehungen gelebt haben und nicht mehr in ihren Zwanzigern sind, sehnen sich nach Nähe und Verbundenheit. Mit der Zeit erkennen sie, dass Sexualität an Qualität gewinnt. Warum also nicht das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden? Freundschaft bietet Stabilität und emotionale Verbundenheit, und Freundschaft Plus fügt noch den Faktor Sex hinzu.

Muss immer einer leiden?

Es besteht oft die Meinung, dass Freundschaft Plus unweigerlich dazu führt, dass einer der Beteiligten unglücklich verliebt wird und die Freundschaft deshalb beenden muss. Doch muss das wirklich immer so sein? Sicherlich entsteht Nähe und Vertrautheit zwischen den Freunden, und Hormone spielen ebenfalls eine wichtige Rolle.

Oxytocin, auch als Kuschelhormon bekannt, wird durch Berührungen, Umarmungen, Massagen und Sex ausgeschüttet. Es steht in psychologischem Zusammenhang mit Bindung, Ruhe und Zuneigung oder Liebe. Oxytocin bewirkt, dass wir nach dem Sex kuscheln möchten und manchmal sogar einschlafen.

Dopamin, das „Glückshormon“, kann auch in Freundschaften aktiv sein. Es wird freigesetzt, wenn du Zeit mit Freunden verbringst und positive soziale Erfahrungen machst. Das verstärkt das Belohnungssystem im Gehirn und erzeugt ein angenehmes Gefühl in der Gesellschaft von Freunden.

Serotonin spielt eine Rolle in Bezug auf soziale Interaktionen, einschließlich Freundschaften. Ein ausgewogener Serotoninspiegel trägt dazu bei, dass du dich wohl in sozialen Situationen fühlst und dich auf die Beziehungen zu deinen Freunden konzentrieren kannst.

Endorphine sind körpereigene Opioide, die Schmerzlinderung und ein Gefühl des Wohlbefindens bieten. Sie werden beim Lachen, bei positiven sozialen Erfahrungen und bei körperlicher Aktivität freigesetzt. In Freundschaften können gemeinsame Aktivitäten und das Teilen von Spaß und Humor die Freisetzung von Endorphinen fördern.

Cortisol ist ein Stresshormon, das in sozialen Situationen in Maßen ausgeschüttet wird. In Freundschaften kann es dazu beitragen, dass du dich motiviert fühlst, soziale Kontakte zu pflegen und auf Herausforderungen in der Beziehung zu reagieren.

Du siehst also, eine ganze Reihe an guten Gründen, sich in einer Freundschaft sehr wohl zu fühlen. Doch auch wenn viele gleiche Hormone bei einer Freundschaft aktiv werden, bedeutet dies nicht, dass du dich gleich verliebt fühlst! Das wird schnell verwechselt, weil wir uns nach der letzten Trennung so mies fühlten oder schon lange keine Partnerschaft mehr hatten! Mit etwas Abstand betrachtet, bekommst du schnell ein Bauchgefühl zu der Beziehung zu dem anderen Menschen.

Mach ihm oder ihr nichts vor. Das wäre ziemlich gemein. In einer guten Freundschaft Plus musst du niemanden für Sex manipulieren und das „Blaue“ vom Himmel versprechen. Gehe sorgsam mit deinen Worten um.

Irrtümer über Regeln für Freundschaft Plus

Hast du schon einmal in Ratgebern gelesen, welche Regeln für Freundschaft Plus aufgestellt werden sollen? Hier sind einige gängige Regeln:

1. Nicht zu oft treffen!

Sich auf „nicht zu oft“ zu beschränken, ist eine absurde Regel. Denn was bedeutet „oft“? Für den einen ist einmal pro Woche oft, für den anderen einmal im Monat. Wann ist zu viel, so dass es in eine feste Beziehung umschlägt? Warum sollten wir uns selbst und anderen etwas Gutes verweigern, nur um eine absurde Regel einzuhalten? Hört auf eure Bedürfnisse und sprecht darüber, was sich für euch gut und stimmig anfühlt.

2. Kein Übernachten!

Warum sollte man nach erfüllendem Sex nicht einfach liegenbleiben dürfen, statt sich aus Prinzip in die Bahn zu schleppen und durch die halbe Stadt zu fahren?

3. Keine Komplimente!

Natürlich könnt ihr euch in einer Freundschaft Plus Komplimente machen. Vermeidet jedoch oberflächliche oder missverständliche Komplimente.

4. Nicht den Freunden vorstellen!

Eine Regel, die meiner Vorstellung von Freundschaft widerspricht. Schließt eure Freundschaft Plus nicht aus dem „normalen“ Leben aus. Liebe lässt sich nicht so einfach verhindern!

5. Bloß keine Gefühle haben!

Gefühle lassen sich nicht unterdrücken. Wenn sie da sind, sind sie da, und das ist in Ordnung. Ihr schneidet euch von tiefen, erfüllenden Verbindungen ab, wenn ihr eure Emotionen unterdrückt.

Die Idee hinter diesen Regeln ist offensichtlich: Niemand soll verletzt werden, und es sollen keine Erwartungen geweckt werden, die später enttäuscht werden. Aber anstelle von Verboten sollten wir an unserer Kommunikationsfähigkeit arbeiten.

„Freundschaft Plus ist nur für Bindungsgestörte!“

Dieses Vorurteil begegnet mir oft auf Social Media. Doch wer Freundschaft Plus genauer betrachtet, wird feststellen, dass es sich um eine Form von Bindung handelt. Der Vorwurf entsteht oft deshalb, weil viele Menschen noch keine Lösung für die Herausforderungen einer Freundschaft Plus gefunden haben. Bei diesem neuen Beziehungsmodell sollten wir uns neue Fragen stellen, um Lösungswege zu finden. Statt ‚Kann das überhaupt funktionieren?‘ könnten wir uns auch eher die Frage stellen: ‚Was muss gegeben sein, damit die Freundschaft Plus eine beiderseits bereichernde Verbindung ist?

Deine Chance auf eine tiefgehende Persönlichkeitsentwicklung

Klarheit ist der Schlüssel zu einer guten Kommunikation innerhalb einer Freundschaft Plus. Was ist das, was du in deiner aktuellen Situation brauchst? Im ersten Moment mag es dir egoistisch vorkommen, dass du auf deine Bedürfnisse achten sollst. Doch kannst du die Bedürfnisse und Erwartungen deines Gegenübers eh nicht beeinflussen oder erraten. Deshalb konzentriere dich darauf, was dir guttut, dann wirst du auch zu anderen Menschen gut sein können. Treffe dich nur mit ihr, wenn du wirklich Lust darauf hast. Eine Freundschaft sollte es aushalten können, wenn einer mal mehr Zeit für sich benötigt.

Nutze auch die Chance über deine Erwartungen bezüglich sexueller Exklusivität zu sprechen. Wenn ihr darüber nicht sprecht, kann es sie sehr verletzen, wenn sie dich plötzlich mit einer anderen Frau sieht. Oder wie wäre es umgekehrt? Für das Wachstum deiner Persönlichkeit kannst du ergründen, warum du eifersüchtig wirst. Hegst du Besitzansprüche? Bist du aufgrund mangelnden Selbstwertgefühls unsicher, wenn es noch andere Männer in ihrem Leben gibt? Wer hier hin- statt wegschaut, hinterfragt sein Handeln. Das Besondere an der Freundschaft Plus sollte die Offenheit und Ehrlichkeit sein. Während wir in früheren Beziehungen oft das getan haben, was wir glaubten, was der Partner von uns erwartet, hast du in der Freundschaft Plus die Möglichkeit, so zu sein, wie du wirklich bist.

Darum fällt uns Freundschaft Plus oft schwer

Wir alle sind in einer auf Monogamie fixierten Gesellschaft aufgewachsen. Filme und Medien vermitteln oft, dass es nur eine echte Lösung gibt: die traditionelle Paarbeziehung. Behaltet das im Hinterkopf, wenn ihr eine Freundschaft Plus eingeht.

Finde eine innere, offene Haltung und gehe wertschätzend mit ihr um. Kommuniziere immer klar und konsequent, welche Absichten du verfolgst. Dafür ist es wichtig, aus der Situation mit Abstand auf die freundschaftliche Beziehung zu schauen und sich selbst zu reflektieren.

Wenn bei deiner Freundin Plus auch mal das Drama durchbricht, sei nachsichtig mit ihr. Oftmals werden Frauen von ihren Freundinnen dazu befragt, was das denn zwischen euch sei und erwecken in ihr die Idee, dass ihr doch das Traumpaar seid. Das kann sie schon ganz schön durcheinanderbringen, vor allem, wenn ihre Periode naht. Aber auch bei dir können zum Beispiel deine Eltern und Freunde Druck ausüben, dass die Freundin ja so nett sei und ob ihr euch nicht endlich als Paar definieren könnt.

Betrachtet eure Gefühle mit Abstand, so wie ein Vogel von oben auf die Welt schaut. Warum wollt ihr aus der Freundschaft eine feste Beziehung machen? Prüft eure innersten Gefühle! Wäre das ohne das Zutun der anderen Menschen auch euer Wunsch? Würdet ihr aus Mangel an Alternativen in eine Partnerschaft gehen oder aus Fülle? Nur wenn es sich absolut richtig und gut anfühlt, solltet ihr aus einer Freundschaft Plus eine Partnerschaft machen, die ihr auch wieder nach euren Bedürfnissen gestalten dürft.

Der kleine, feine Unterschied zwischen Liebe und Freundschaft

Der Unterschied zwischen partnerschaftlicher Liebe und Freundschaft wird bei der Freundschaft Plus nicht mehr allein durch intime Momente gemacht. Stattdessen geht es um ein tiefes Gefühl der Verbundenheit, das Freundschaft und Partnerschaft voneinander abgrenzt. Freundschaft handelt von Fürsorge, Vertrauen und Nähe, die oft auf eine bestimmte Zeit beschränkt ist, und das ist völlig in Ordnung. In einer partnerschaftlichen Beziehung geht es zusätzlich darum, gemeinsame Verantwortung zu tragen und im Alltag miteinander zu bestehen.“

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